Ein Tag bei der Tafel – wir müssen der Altersarmut entgegnen!

Dienstag. 12.00 Uhr. Die Reihen füllen sich. Es herrscht Hochbetrieb. Mehr und mehr Menschen finden sich bei der Offenbacher Tafel ein. Fleißige Helferinnen und Helfer reichen Obst, Gemüse und Brot über die Theke. Unter den Bedürftigen sind viele ältere Menschen. Die Hälfte ist über 60.

Altersarmut

 

Auch Klaus M. ist an diesem Tag dort. Der gelernte Elektriker hat 40 Jahre hart gearbeitet. Dann wird er krank, ist chancenlos auf dem Arbeitsmarkt. Heute bezieht er eine schmale Rente. Sie reicht vorne und hinten nicht. Jeden Dienstag schleppt er sich zur Tafel. Ihm fällt das Gehen schwer. Auf seinem Weg ruht er mehrmals auf seinem Gehwagen, teilt sich die Strecke ein. Am Ziel angekommen packt ihm eine freundliche Helferin eine Auswahl an Lebensmitteln in seine Taschen. Das reicht für 2-3 Tage. Damit komme er etwas besser über die Runden, sagt er.*

Wann ist jemand arm?

So wie ihm geht es vielen Rentnerinnen und Rentnern in Deutschland. Die Altersarmut grassiert. Als arm gilt, wer nicht genug Geld hat, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Anders ausgedrückt: Menschen in Armut leben unter dem „sozio-kulturellen Existenzminimum“.

Unsere Gesellschaft greift Menschen unter die Arme, die von Armut im Alter betroffen sind.  Bedürftige erhalten die „Grundsicherung im Alter“. Sie erhalten so viel Geld, dass sie ihre Existenz sichern können. Durch die Grundsicherung werden deutschlandweit mehr als eine halbe Million Menschen unterstützt, die das reguläre Rentenalter erreicht haben. In Schleswig-Holstein sind es über 20.000. Doch die Zahlen täuschen. Viele schämen sich, die Hilfe anzunehmen. Sie fehlen in der Statistik. Die Zahl der tatsächlich Bedürftigen ist um ein Mehrfaches höher.

Für viele Menschen ist es eine herbe Erfahrung, wenn sie sich nach einem langen Arbeitsleben nicht mehr leisten können als jemand, der wenig oder gar nicht gearbeitet hat. Das widerspricht der Logik der gesetzlichen Rente: Wer mehr leistet, erhält eine höhere Rente. Besonders bitter ist es für die Betroffenen, dass sie dauerhaft in ihrer Lage bleiben. So geht es auch Klaus M. nach jahrzehntelanger Beschäftigung: „Früher habe ich mir gesagt. Wenn das Geld nicht reicht, gehe ich mehr arbeiten.“ Doch heute kann er seine Lage nicht ändern.

Wie wir der Armut den Kampf ansagen

Umso mehr müssen wir politisch gegensteuern. Im Kern geht es darum, die Lebensleistung von Menschen zu würdigen. Zu verhindern, dass Menschen in Armut leben, hat Priorität. Darüber hinaus müssen wir uns darum kümmern, die Situation von Bedürftigen zu verbessern. Damit sind alle gemeint, die Unterstützung durch die Grundsicherung erhalten:

 

  • Wir benötigen eine untere Haltelinie für die gesetzliche Rente. Das Rentenniveau*** darf nicht unter 48 % fallen.

 

  • Wir als SPD wollen die Solidarrente einführen. Wer lange gearbeitet hat und dennoch keine Rente über der Armutsgrenze erhalten würde, soll einen Aufschlag von 10 % auf die Grundsicherung erhalten. Dies gilt für Rentnerinnen und Rentner, die 35 Jahre Beiträge eingezahlt haben. Dazu zählen Zeiten, die sie für Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen angerechnet bekommen.

 

  • Jemand, der in die Rentenkasse eingezahlt hat, muss im Alter mehr Geld zur Verfügung haben als jemand, der dies nicht getan hat. Deshalb sollten Leistungen aus der gesetzlichen Rente nicht vollständig auf die Grundsicherung angerechnet werden.Bei zusätzlicher Vorsorge ist dies bereits der Fall. Das verbessert das Leben von vielen Menschen mit geringen Renten spürbar.

 

  • Wer das Rentenalter noch nicht erreicht hat, aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, erhält in Deutschland eine Erwerbsminderungsrente. Die meisten Betroffenen bekommen Abschläge auf ihre Rente. Das gilt auch, wenn sie später eine Altersrente beziehen. Menschen mit Erwerbsminderung sind also besonders gefährdet, im Alter in Armut zu leben. Deshalb sollten wir die Abschläge abschaffen.

 

  • Menschen sollen selbst entscheiden, wann sie in Rente gehen möchten. Deshalb begrüßen wir als SPD flexible Möglichkeiten für den Renteneintritt. Das reguläre Rentenalter wollen wir nicht anheben. Denn wer früher in Rente geht, muss dann mit höheren Kürzungen rechnen.

 

Diese Verbesserungen können das Leben vieler Menschen in Deutschland verändern. Die Situation von Klaus M. zeigt, dass es um einzelne Schicksale geht. Und es liegt an der Politik, besonders denen zu helfen, die es schwer haben.

 

Weitere Informationen

 

Quellen

* Diese reale Geschichte entstammt der Dokumentation „Der Rentenreport“, Hessischer Rundfunk 2017, Name geändert.

** Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes, Nr. 114 vom 38.03.2018. Zahlen von Ende 2017.

*** Das Rentenniveau beschreibt das Verhältnis zwischen dem Durchschnittsverdienst und der Standardrente. Die Standardrente enthält eine Person, die 45 Jahre Beiträge auf das Durchschnittseinkommen gezahlt hat. Verglichen werden die Nettowerte vor Steuern, d. h. die Rentenzahlungen und das Durchschnitteinkommen abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge und durchschnittlichen Aufwendungen für zusätzliche Altersvorsorge.