Die Krankenhaussituation in Schleswig-Holstein: Worauf es jetzt ankommt

Die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein sind in keinem guten Zustand. Es fehlt an Investitionsmitteln, es gibt Insolvenzen, viele Häuser haben hohe Defizite und es drohen dauerhafte Schließungen. So wie es ist, kann es nicht bleiben. Die Krankenhäuser brauchen Planungssicherheit und müssen zukunftsfest aufgestellt werden.

Daraus ergeben sich für die SPD-Landtagsfraktion sechs Forderungen:

 

Alle Standorte der Grund- und Notfallversorgung im Land müssen erhalten werden

Eine aktuelle Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt, dass die Erreichbarkeit von Kliniken der Grund- und Notfallversorgung noch ausreichend ist. Die Auswertung zeigt aber auch, dass in vielen Regionen im Norden und Westen die gesamte Versorgung durch ein einziges Krankenhaus gesichert wird. Wenn dieser Standort wegfällt, können sich die Wegzeiten für viele Menschen verdoppeln. Daraus ergibt sich für uns, dass kein weiterer Standort der Grund- und Notfallversorgung in Schleswig-Holstein wegfallen darf. Vor dem Hintergrund der besonderen Herausforderung mit Rand- und Insellagen ist das ertragbare Maß an Konsolidierung von Krankenhausstandorten erreicht.

 

Die Krankenhausreform des Bundes muss schnell kommen

Die finanzielle Lage der Kliniken wird immer schwieriger. Inflation und die Energiekrise lassen die Kosten stark ansteigen. Zudem führt der Personalmangel in den Krankenhäusern dazu, dass ganze Abteilungen mit Betten gesperrt werden müssen. Die Kosten laufen weiter, ohne dass Patientinnen und Patienten aufgenommen werden können. So entstehen Defizite in Millionenhöhe. Einige Kliniken müssen sogar Insolvenz anmelden. Dadurch erleben wir einen kalten Strukturwandel.
Deshalb braucht es die umfassende Krankenhausreform, die aktuell von Bundesgesundheitsminister Lauterbach vorangetrieben wird.

Die Einführung von Vorhaltepauschalen führt zur Absicherung der flächendeckenden, stationären Versorgung und stoppt das unkontrollierte Krankenhaussterben. Zudem wird durch die Reform die Behandlungsqualität gesteigert. Die Einführung von Versorgungsleveln sorgt für mehr Transparenz und steigert die Patientensicherheit. Unsere klare Erwartung ist, dass sich die schleswig-holsteinische Landesregierung an diesem Prozess konstruktiv beteiligt und zu einer schnellen Lösung beiträgt. Jede Verzögerung gefährdet den Erhalt der Krankenhäuser in Schleswig-Holstein.

 

Alle Geburtskliniken in Schleswig-Holstein müssen gesichert werden

In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Geburtsabteilungen in Krankenhäusern aufgrund des betriebswirtschaftlichen Drucks geschlossen. Dies passierte ohne Steuerung und ohne Schaffung von Ersatzstrukturen durch das Land. Schon jetzt gibt es viele Regionen in Schleswig-Holstein, aus denen werdende Mütter länger als 60 Minuten bis zum nächsten Kreißsaal brauchen. (FES Studie, Seite 16)

Immer wieder kommt es vor, dass deshalb Kinder auf dem Weg zur Klinik auf Parkplätzen geboren werden. Wir wollen, dass alle Eltern ein bedarfsgerechtes Angebot für die Geburt erhalten. Deshalb muss Geburtshilfe in erreichbarer Nähe für die Familien gesichert werden.

Aus diesem Grund müssen die bestehenden Geburtskliniken abgesichert werden. Das ist auch möglich, weil Schleswig-Holstein im bundesweiten Vergleich bereits eine weitgehend konsolidierte Struktur hat, so dass es nur noch eine kleine Geburtsklinik gibt. (FES Studie, Seite 17)

Die Bundesregierung hat im Rahmen des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes Förderbeträge für Geburtshilfen schon auf den Weg gebracht, um die Geburtshilfe noch vor der Krankenhausreform finanziell zu stützen. Das war ein wichtiger Schritt in Richtung der kommenden Vorhaltepauschalen.
Unser Bekenntnis zum Erhalt der Kliniken bedeutet auch, dass wir bereit sind, weitere mögliche Wirtschaftlichkeitslücken aus dem Landeshaushalt abzusichern. Vorbild für ein solches Vorgehen ist das Zukunftsprogramm Geburtshilfe in Bayern.

 

Die Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft müssen gestärkt werden

Zwar sind in Schleswig-Holstein nur 14 von 92 Krankenhausstandorten in öffentlicher Trägerschaft. Sie verfügen aber mit 6.730 von 15.882 Betten über einen weit überproportionalen Teil der Kapazitäten. (FES Studie, Seite 12)

Damit tragen sie die Grundlast der Gesundheitsversorgung in Schleswig-Holstein. Das bisherige System der Fallpauschalen hat es für private Betreiber attraktiv gemacht, sich auf besonders lukrative einzelne Leistungen zu fokussieren. Das hat zu einer großen Anzahl kleiner Fachkliniken in Schleswig-Holstein geführt.
Die Krankenhausreform stärkt mit den neuen Vorhaltepauschalen die Grund- und Notfallversorgung. Das stärkt die öffentlichen Träger, die vor allem da in die Bresche springen, wo kein Geld zu verdienen ist.

Aber auch landespolitisch müssen die Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft gestärkt werden. Das bedeutet Unterstützung des Austausches zwischen den Häusern und auch zusätzliche Investitionen, um mögliche Synergien zu heben. Zudem muss der Austausch und die Kooperation zwischen UKSH und kommunalen Häusern verbessert werden. Auch das ist eine Aufgabe des Landes.

 

Die Landesregierung muss noch im Jahr 2023 Grundzüge einer neuen Krankenhausplanung vorlegen

Die aktuelle Krankenhausplanung von Schleswig-Holstein stammt aus dem Jahr 2017 und ist längst veraltet. Die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung kommt zu der klaren Einschätzung, dass „kurzfristig ein neuer Krankenhausplan“ erforderlich ist. (FES Studie, Seite 25)Es ist auch nicht hilfreich, wenn die Landesregierung darauf verweist, dass vor der eigenen Planung die genauen Regelungen der Reform des Bundes vorliegen müssen. Viele Fragen können und müssen unabhängig davon geklärt werden. Es ist wichtig, die Bedarfe in der Bevölkerung für die stationäre Versorgung zu kennen. Zudem ist eine eigene Detailplanung die Grundlage für eine schnelle Umsetzung der Reform des Bundes.

Es braucht das schnelle Bekenntnis, dass alle bestehenden Standorte der Grund- und Notfallversorgung bleiben und durch das Land gesichert werden. Zudem muss festgelegt werden, welche Leistungsbereiche künftig an welchen Standorten angeboten werden sollen. Dabei muss transparent gemacht werden, was das für die vielen kleinen Fach- und Belegkliniken bedeutet, die nicht an der Grund- und Regelversorgung teilnehmen.

Es braucht ein Umdenken. Nicht individuelle Marktlogiken und Einzelinteressen sollten entscheiden, welche Fachrichtungen lukrativ sind und deshalb an bestimmten Standorten angeboten werden. Das Land muss die Planung in die Hand nehmen und in Richtung des Gemeinwohls optimieren. Parallel braucht es die Verknüpfung der Krankenhausplanung mit sektorenübergreifenden sowie telemedizinisch unterstützten Versorgungsangeboten und die Stärkung der präklinischen Notfallversorgung.
Die Eckwerte einer solchen Planung müssen noch in diesem Jahr vorgelegt werden, damit sie breit im Land diskutiert werden können und die Menschen in Schleswig-Holstein eine Vorstellung davon bekommen, wie die künftige Krankenhauslandschaft aussehen wird.

 

Das Land muss seinen Investitionsverpflichtungen nachkommen

Unsere Krankenhausstruktur muss mit der Reform modern und zukunftsfest aufgestellt werden. Dafür braucht es erhebliche Investitionen, die das Land bereitstellen muss. Neben der Krankenhausplanung ist das die zweite wichtige Aufgabe der Landesregierung.

Einige Kliniken in Schleswig-Holstein stellen sich neu auf und wollen Krankenhäuser komplett oder in Teilen neu bauen. Andere müssen ihre bestehende Struktur modernisieren, damit die Anforderungen an die Qualität der Versorgung erfüllt werden. Mit der Reform des Bundes sollen zudem Leistungsgruppen an Krankenhäuser neu vergeben werden, so dass auch dafür Strukturen verändert werden müssen. All das kostet Geld.

Diese Investitionsmittel muss das Land gemeinsam mit den Kommunen bereitstellen. Wir brauchen jetzt eine Investitionsplanung des Landes, die in enger Abstimmung mit den Kommunen entwickelt wird. Nur so gibt es die notwendige Planungssicherheit, um eine moderne und zukunftsfeste Krankenhausstruktur in Schleswig-Holstein auf den Weg zu bringen und ihre Umsetzung absichern zu können.

Flyer Situation der Krankenhäuser im Land